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Freitag, 19. Juli 2013

Forscher entdecken mysteriöse Riesenviren

Ein Pandoravirus unter dem Elektronenmikroskop. | Copyright: Chantal Abergel / Jean-Michel Claverie

Aix-Marseille (Frankreich) - In einer Flussmündung vor der chilenischen Küste sowie am Grund eines Tümpels nahe Melbourne in Australien hat ein internationales Forscherteam zwei Riesenviren entdeckt, die sogar schon unter einem gewöhnlichen Lichtmikroskop erkennbar sind und damit die bisherige Vorstellung von Viren, deren Größe und damit die Grenze zwischen Viren und Lebewesen in Frage stellen. Zudem ähneln die Gene dieser Viren keiner bisher bekannten irdischen Lebensform, weswegen ihre Position im irdischen Lebensstammbaum den Forschern ein völliges Rätsel ist.

Wie das Team um Nadège Philippe von der Aix Marseille Université aktuell im Fachjournal "Science" (DOI: 10.1126/science.1239181) berichten, sind die sogenannten Pandoraviren so groß wie ein Bakterium. Ihr Erbgut ist jedoch mit 2,8 und 1,9 Millionen Basenpaaren bedeutend länger. Zugleich scheinen sie aber auch nicht mit den bereits bekannten Megaviren verwandt zu sein. Ein weiteres Rätsel stellt die jeweils stark unterschiedliche Herkunft der beiden Viren dar: Obwohl der eine Virus aus Salzwasser, der andere aus Süßwasser stammt, sind sie beide jedoch derart ähnlich, dass die Forscher sie einer gemeinsamen Gattung zuordnen.



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Den Namen Pandoravirus leiten die Forscher aus der Einzigartigkeit ihrer Funde und aus der Überzeugung heraus ab, dass man noch "jede Menge Überraschungen von ihrer weiteren Untersuchung erwarte", so Philippe.


 
Pandoraviren in einer Amöbenzelle. | Copyright: Chantal Abergel / Jean-Michel Claverie

Beide Viren sind Parasiten in Amöben, von ovaler Form, besitzen eine Öffnung an einem Ende (s. Abb.), erreichen eine Größe von einem Mikrometer, also 0,001 Millimeter und sind damit größer als viele parasitische Bakterien.


Um sicher sein zu können, dass es sich auch wirklich um Viren handelt, analysierten die Wissenschaftler zusätzlich das Erbgut der beiden Pandoraviren. Wie sich zeigte, ist das Genom mit 2,8 und 1,9 Millionen Basenpaaren etwa doppelt so umfangreich wie das aller anderen bislang bekannten Virenformen. Auch in der Anzahl der darin kodierten Protein-Bauanleitungen übertreffe der Pandoravirus salinus mit 2.556 Genen die bisher für Viren bekannte Obergrenze um das Zweifache. Mit 1.500 Genen liegt auch Pandoravirus dulcis knapp über dieser Grenze.




Eine noch größere Überraschung stelle jedoch die Art der Gene selbst dar, erläutern die Forscher: "93 Prozent der Gene dieser Pandoraviren sind völlig fremdartig, sie lassen sich auf keinen bekannten Zellstammbaum zurückführen". Die Unterschiede seien derart groß, dass die Wissenschaftler sich zunächst nicht einmal sicher waren, ob die darin beinhaltete Erbinformation überhaupt den für alle Viren und Organismen typischen Regeln folge. Man befürchtete sogar, dass die Übersetzung ihrer Gene in Proteine gar nicht dem Standard-Gencode entspreche.


Der phylogenetische Lebensbaum. | Coypright: Sting, Public Domain


Da jedoch zumindest die DNA-Polymerase der anderer Riesenviren ähnele, gehen die Wissenschaftler statt von einer nicht-irdischen Herkunft vielmehr davon aus, dass es sich um Exemplare einer bislang unbekannten vierten Domäne des irdischen Lebens und damit der allgemein akzeptierten systematischen Einteilung der Lebewesen, handeln könnte. Bislang sind nur drei Domänen bekannt: Bakterien (Bacteria bzw. Eubacteria), Archaen, (Archaea, bzw. Archaebacteria) und Eurkaryoten (Eukaryota = Lebewesen mit Zellkern).


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