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Dienstag, 27. April 2010

Studien belegen: Auch Schimpansen haben ein Gespür für den Tod

Archiv. Schimpanse im Zoogehege | Copyright: grenzwissenschaft-aktuell.de


Cambridge/ USA - Anhand zweier Studien haben Verhaltensforscher nachgewiesen, dass auch Schimpansen den Tod in ähnlicher Form wahrnehmen wie wir Menschen. Mit dieser Erkenntnis der Forscher fällt eine weitere bislang für gesichert gehaltene Grenze zwischen Affen und Mensch.

In der ersten der beiden in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazin "Current Biology" publizierten Studien, haben schottische Forscher um James Anderson von der "Stirling University" den langsamen aber natürlichen Tod einer in Gefangenschaft gehaltenen Schimpansendame filmisch dokumentiert.

Früher galt es als gesichert, dass sich der Mensch unter anderem vor allem durch seine Fähigkeiten zur Selbstwahrnehmung, Sprache, Werkzeugnutzung oder zur Entwicklung eigenständiger kultureller Unterschiede von Tieren unterscheidet. Nach und nach haben jedoch Beobachtungen und wissenschaftliche Studien immer mehr dieser Eigenschaften auch im Tierreich, etwa bei Primaten, Delfinen und Krähenvögeln, nachgewiesen.

"Die Grenzen zwischen uns und anderen Spezies sind in Wirklichkeit deutlich verschwommener als man dies bislang glaubte. Auch unsere Vorstellungen über die Wahrnehmung des Todes galt bislang als ein gesichertes psychologisches Unterscheidungsmerkmal", so Anderson.

Schon als sich der baldige Tod der wahrscheinlich 50jährigen Schimpansendame "Pansy" in einem britischen Tierpark durch ihr zusehends lethargischer werdendes Verhalten abzuzeichnen begann, konnten die Forscher eine deutliche Veränderungen im Verhalten der anderen Schimpansen im Gehege feststellen. Diese verhielten sich deutlich ruhiger als zuvor, begleiteten Pansy durch die Nächte und lausten sie deutlich mehr als zuvor.

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Selbst nach ihrem Tod, blieb ihre Tochter noch eine ganze Nacht lang neben ihrem Körper, obwohl sie zu Lebzeiten nie auf ihrer Schlafplattform übernachtet hatte. Auch die restliche Gruppe legte in den darauf folgenden Tagen ein deutlich gedämpfteres Verhalten an den Tag. Nachdem der Leichnam entfernt worden war, mieden die sonstigen Tiere dennoch weiterhin ihren Schlafplatz und verbrachten viel längere Zeit damit, einander zu lausen.

In der zweiten Studie konnten Wissenschaftler um Dora Biro von der "Oxford University" zwei Schimpansenmütter in freier Wildbahn dabei beobachten, wie sie, teilweise noch lange Zeit nach dem Tod ihrer Jungtiere, deren Körper noch mit sich trugen. Da dieses Verhalten schon einmal, 1992, beobachtet worden war, gehen die Forscher davon aus, dass es von den Schimpansenweibchen erlernt wurde.

Obwohl die toten Körper der Kleinen bereits vertrocknet und mumifiziert waren, wehrten die Mütter Fliegen weiterhin mit Stöcken ab und schienen sich um ihre Kinder zu kümmern.

"Unsere Beobachtungen bestätigen das Vorhandensein eines sehr engen Bandes zwischen den Müttern und ihren Kindern, wie es erstaunlicherweise auch über den Tod hinaus aufrechterhalten wird", zitiert die BBC die Forscherin.

Anhand der Beobachtungen fordern die Forscher beider Studien, eine Neubewertung der Wirkung von Tod von Familien- und Gruppenmitgliedern auf die Tiere. Auch ermögliche die Erkenntnis, dass auch Affen über ein Gespür für den Tod verfügen, neue Einsichten in die Evolution der menschlichen Wahrnehmung des Todes.

"Auch wenn Schimpansen keine religiösen Glaubensvorstellungen oder Todesrituale kennen, sehen wir dennoch zahlreiche Übereinstimmungen zwischen dem Verhalten der Schimpansen gegenüber dem sterbenden Weibchen und den Reaktionen von Menschen angesichts eines sterbenden älteren Verwandten oder Freundes."

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Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / bbc.co.uk / external.stir.ac.uk / zoo.ox.ac.uk
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