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Donnerstag, 10. März 2011

Astronomen rätseln über Untergang zweier Sonnen in China

Doppelsonne: Standbild aus dem Video | Copyright/Quelle: CTV, beta.ctv.com.tw

Taipei/ China - Am 2. März 2011 strahlte der taiwanesische TV-Sender "China Television" eine Videoaufzeichnung eines ungewöhnlichen Himmelsphänomens aus. Am Himmel über der offenbar taiwanesischen Küste sind zwei Sonnen dicht nebeneinander zu sehen. Während Haloerscheinungen sogenannter Nebensonnen, ebenso wie Refraktionen (Fata Morganen der Sonne oder des Mondes) relativ oft zu sehen und bekanntem meteorologischen bzw. atmosphärischen Ursprungs sind, rätseln Astronomen bislang immer noch über die aktuellen Aufnahmen aus Taiwan - oder ist die Antwort doch ganz einfach?

Die Internetseite "LifesLittleMysteries.com" hat den Astronomen Jim Kaler von der "University of Illinois" zu dem Video befragt, der zuvor durch seine Vorhersage einer zeitweise "zweiten Sonne", hervorgerufen durch die Sternenexplosion (Supernova) des Sterns Beteigeuze (...wir berichteten 1, 2) für Aufsehen und kontroverse Diskussionen gesorgt hat.

Zwar zeigt sich Kaler davon überzeugt, dass es sich bei der doppelten Sonnenuntergang nicht um den explodierten Beteigeuze handelt, doch glaubt der Astronom auch nicht, dass das Video eine Fälschung ist. Vielmehr vermutet er eine "wirklich sehr seltene" optische Refraktion hinter dem Schauspiel, wie sie in dieser Form selbst von der Wissenschaft noch nicht gänzlich erklärt worden sei. "Es gibt da wohl irgendeine Art von punktueller Verzerrung in der Atmosphäre, wie sie dieses wahrhaft spektakuläre, einer Fata Morgana nicht unähnliche Phänomen erzeugt."

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Aufzeichnung der CTV-Nachrichtensendung

Klicken Sie auf die Bildmitte, um das Video zu starten


Derartige Luftspiegelungen entstehen, wenn Partikel in der Atmosphäre (Staub, Eis, usw.) das Licht der Sonne oder des Mondes ablenken. Entsprechend optische Verzerrungen, wie sie zu teilweise kuriosen Verformungen der eigentlich schon hinter dem Horizont untergegangenen Sonnenscheibe führen können (s. Abb. unten), treten meist unmittelbar über dem Horizont auf, wo dickere Luftschichten entsprechende Refraktionen begünstigen.

Angesichts der Aufnahmen aus Taiwan lässt sich die Erklärung für "gewöhnliche" Refraktionen nur schwer anwenden, da diese eigentlich vertikal über oder unter dem gespiegelten Objekt (in diesem Falle also der Sonne) erscheinen. Aber es sei "möglich", dass diese Spiegelungen - wie im aktuellen taiwanesischen Video - auch horizontal projiziert werden. "Es könnte vielleicht sein, dass eine ungewöhnliche dicke Luftschicht horizontal vor der Sonne vorbeigewandert ist und dabei diesen Effekt erzeugt hat", spekuliert Kaler gegenüber "LifesLittleMysteries.com".

Tatsächlich ist die aktuelle Beobachtung nicht die erste ihrer Art und wurde von dem Astronomen Marcel Minnaert in seinem Buch "Light and Color in the Outdoors" bereits als "Falsche Sonne" mehrfach beschrieben. Auch Minnaert gesteht zwar ein, dass derartige Erscheinungen vielfach gesichtet und in einigen Fällen sogar dokumentiert werden konnte, dass auch er an eine anormale Form der Refraktion glaubt, dass es aber immer noch ein Rätsel sei, wie es kommt, dass solche Spiegelungen von Sonne und Mond derart scharf sind und meist auch annähernd die gleiche Größe aufweisen wie das Original.

Noch vor Veröffentlichung dieser Meldung nahm "Grenzwissenschaft-aktuell.de"-Leser Bart R. mit unserer Redaktion über E-Mail Kontakt auf, um uns ein Foto zu übermitteln, das er am frühen Morgen des 5. März um kurz vor 7 Uhr Nahe Straubing aus dem Auto heraus aufgenommen hatte.

Aufgehende Doppelsonne nahe Straubing | Copyright: Bart R.

Auf die Doppelsonne aufmerksam wurde der Fotograf jedoch erst beim späteren Betrachten der mit einem "iPhone 4" gemachten Aufnahme. Es könnte sich also sehr gut auch um eine einfache Spiegelung der echten Sonne in der Linse oder dem Schutzglas der Kamera handeln, da schließlich auch Schild und Baum gespiegelt werden. Könnte dieser Effekt auch die "Doppelsonne" von Taiwan erklären?

"Wenn es sich aber um eine Linsenspiegelung (Anm. d. Red.: ...oder einer Spiegelung auf einem dem Objektiv vorgeschalteten Filter oder Linsenschutz) handeln würde, so sollte sich diese Spiegelung in Relation zur Kamerabewegung und entsprechend zur Original-Sonne bewegen - aber das scheint nicht der Fall zu sein", kommentiert der Atmosphärenforscher Grant Perry von der "University of Wisconsin" gegenüber "LifesLittleMysteries.com" zumindest das Video aus Taiwan. Auch er vermutet ein bislang ein nur wenig verstandenes atmosphärisches Phänomen mit einigen "sehr ungewöhnlichen Eigenschaften".

Kontrastverstärkte Detailvergrößerung des Taiwan-Videos

Der deutsche Astrofotograf Sebastian Voltmer (astrophoto.de) glaubt hingegen, in dem Video ein Wolkenphänomen zu erkennen: "Ich selbst habe auch ähnliche Sonnenuntergänge erlebt. Die Abdunklung der Sonne im unteren Bereich beginnt bei 'beiden Sonnen' auf der gleichen Linie. Im Grunde wird die Sonne durch einen vertikalen Wolkenfetzen in zwei Hälften geteilt, die sich beim Durchziehen auch in ihrer Größe verändern."

- Weitere Aufnahmen dessen, was mit der untergehenden Sonne tatsächlich so alles passieren kann, zeigt Sebastian Voltmer HIER

Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / beta.ctv.com.tw / lifeslittlemysteries.com astrophoto.de
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