
Huntsville/ USA - Die Entdeckung mikroskopischer Strukturen im Innern von Meteoriten und deren Deutung als Fossilien einstiger außerirdischer Bakterien hat unmittelbar nach der Veröffentlichung der Studie (...wir berichteten) erwartungsgemäß in der naturwissenschaftlichen Gemeinschaft für kontroverse und meist scharfe Kritik gesorgt. Doch ebenso zweifelhaft wie dies der Studie nun vorgeworfen wird, ist eine Vielzahl der Argumente ihrer nun voreilig auftretenden Kritiker. Die NASA selbst hat sich indessen diskret von der Veröffentlichung distanziert.
Statt sich an eine Sachdiskussion zu beteiligen, ergehen sich konservative Wissenschaftler noch vor der Publikation der Expertenbegutachtung durch 100 von "Journal of Cosmology" eingeladenen unabhängigen Experten, zunächst in der leider üblichen Vorgehensweise: Diskreditierung der Quellen.
So wird unter anderem bemängelt, dass das Journal lediglich online erscheine und nur von einer kleinen Anzahl an Physikern und Astronomen geführt werde, auch wenn sich darunter international bekannte Forscher wie etwa Dr. Rudy Schild vom "Harvard-Smithsonian Center for Astrophysics" finden, der als Chefredakteur des Journals verantwortlich zeichnet. Auch der Autor des Artikels selbst, der Astrobiologe Richard B. Hoover, arbeitet nicht nur am "Marshall Space Flight Center" der NASA, sondern genießt auch sonst einen guten Ruf.
Was läge da für die Kritiker also näher, als in einem nächsten Schritt den Hintergrund des Journals sowie des Autors und damit verbunden deren Glaubwürdigkeit in Frage zu stellen, da sie sich mit ihrem Interesse für außerirdisches Leben in der Vergangenheit immer offenbar wieder zu weit aus dem wissenschaftlichen Fenster gelehnt haben.
Alleine eine frühere Publikation einer Urknall-kritischen Studie und der Umstand, dass Chandra Wickramasinghe von der "Cardiff University" zu den Redakteuren des Journals gehört, ist beispielsweise für Phil Plait und dessen bezeichnenden Blog "Bad Astronomy" (blogs.discovermagazine.com/badastronomy) genug, um das schon das Journal kritisch zu betrachten. "Allerdings", so fügt er hinzu, "ist dieser Umstand noch kein Grund dafür, Hoovers Studie kritischer zu hinterfragen als jede andere wissenschaftliche Behauptung." Wickramasinghe zählt zu den bekanntesten Vertretern der Panspermie-Theorie, wonach das Leben im Innern von Kometen und Meteoriten auf die Erde gekommen war und somit außerirdischen Ursprungs ist. Seine Artikel über angeblich außerirdischen Zellen in rotem Regen, wie er im September 2001, danach erneut 2006, 2007 und zuletzt 2008 im südindischen Bundesstaat Kerala niedergegangen war (...wir berichteten 1, 2, 3), sorgen immer noch für kontroverse Diskussionen und werden von Astronomen wie Plait als "hanebüchen" bezeichnet.

Andere Kritiker, so auch Sebastian Reusch (Enkapsis) von den deutschen "WissensLogs.de" geben zu bedenken, dass, sollten "die Ergebnisse tatsächlich stimmen, hätte man sie als Top-Story in den renomiertesten wissenschaftlichen Zeitschriften ("Nature" oder "Science") gebracht und nicht im 'Journal of Cosmology'." Hier stimmt man auch in den internationalen Tenor darüber ein, dass der Internetauftritt des "Journal of Cosmology" unseriös, bestückt mit Buchkauf-Links und, so weitere Kritiker, "daherkomme, als sei sie durch "ein Wurmloch direkt aus den 1990er Jahren" in unsere Internetzeit teleportiert worden. Auch der Umstand, dass das Journal angeblich bankrott sei und vor dem Aus stehe, sorgt unter seinen Kritikern für die Vermutung, dass man also "wohl noch einmal kräftig Tschüss sagen oder sich mit dieser Veröffentlichung retten" wolle, so Reusch und Kollegen und bemängeln zugleich korrekterweise das Fehlen eines Eingabedatums und der sogenannten "DOI-Nummer". Diese "Digital Object Identifier" wird nach gängigen Standards jeder Arbeit, die aber in der Wissenschaft publiziert wird, zugewiesen.
Obwohl eigentlich ein Wissenschaftskollege bei NASA, fand der Astrobiologe David Morrison für Hoovers Arbeit deutliche Worte und vermutete, die Veröffentlichung sei zu früh gesehen und schlug gegenüber dem US-Sender MSNBC als bestes Datum umgehend den 1. April vor. Der Biologe Paul Zachary Myers von der "University of Minnesota" zeigt sich auf seinem Blog (ScienceBlogs.com/pharyngula) sogar davon überrascht, "dass überhaupt jemand einer solchen Studie glaubt". In einem ersten Statement bemüht auch er sich zunächst um die grundsätzliche Diskreditierung der Arbeit, in dem er nicht nur die wissenschaftliche Glaubwürdigkeit des Autoren, die der Quelle sondern auch (wenn auch vielleicht zurecht) einer der ersten Nachrichtenquellen (FoxNews) in Frage stellt. Einführend beantwortet er die Frage "Haben Wissenschaftler Bakterien in einem Meteoriten gefunden" mit der mehr als fast schon penetranten wörtlichen Antwort "Nein, nein, nein. Nein nein nein nein nein nein nein nein. Nein, nein. Nein" (sic.). Und bezeichnet das "Journal of Cosmology" als pseudowissenschaftliche Publikation und ergeht sich mehr in der Kritik über schlechte Abbildungen als in Sachargumenten.
Mittlerweile hat sich auch der Arbeitgeber Hoovers, das Hauptquartier der NASA in Washington zu der veröffentlichten Studie geäußert. Der Chefwissenschaftler des "Science Mission Directorate" in Washington, Dr. Paul Hertz schreibt dazu:
"Die NASA ist eine wissenschaftliche und technische Behörde, die sich der Kultur der Offenheit gegenüber den Medien und der Öffentlichkeit verpflichtet hat. Während wir den Wert des freien Austauschs von Ideen, Daten und Information als Teil der wissenschaftlichen und technologischen Suche schätzen, kann die NASA jedoch nicht hinter wissenschaftlichen Behauptungen stehen, solange diese nicht im Peer-Review-Verfahren begutachtet oder von anderen Experten sorgfältig qualifiziert wurden. Hoovers Artikel wurde bereits 2007 dem "International Journal of Astrobiology" zur Veröffentlichung eingereicht, das Peer-Review-Verfahren hierfür wurde jedoch niemals abgeschlossen. Die NASA hatte weder Kenntnis über die Eingabe des Artikels an das 'Journal of Cosmology' noch von dessen darauf folgender Veröffentlichung. Alle weiteren Fragen sollten an den Autoren der Studie gerichtet werden."
Die schon vor Abschluss der Veröffentlichung der Expertenmeinungen durch das "Journal of Cosmology" entbrannte Kontroverse scheint schon jetzt der auffallend verhaltenen Kritik an Hoovers Studie durch den Chefastronom des "SETI Institutes", Seth Shostak, recht zu geben, wenn dieser bemerkt, dass die Entdeckung Hoovers zu einem ähnlich kontroversen und wohl niemals zu beweisenden Fall werden könnte, wie jene Mikrostrukturen, die im Mars-Meteoriten ALH 84001 entdeckt und schon 1996 zunähst von US-Präsident Bill Clinton als Beweis außerirdischen Lebens präsentiert wurden. Heute wird der Fund jedoch von einer Vielzahl von Wissenschaftlern als nicht beweiskräftig für außerirdisches Leben angesehen (...wir berichteten 1, 2, 3).
Grenzwissenschaft-aktuell.de wird nach dem 10. März 2011 ausführlich über die fundierten Expertenmeinungen berichten, sobald diese vollständig veröffentlicht wurden...
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
NASA-Wissenschaftler: "Außerirdische Fossilien in Meteoriten entdeckt"
8. März 2011
Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / blogs.discovermagazine.com/badastronomy / WissensLogs.de / ScienceBlogs.com/pharyngula / nasa.gov / spaceref.com