
Tempe/ USA - Spurenelemente im Innern von Sternen könnten die Entwicklung ihrer habitablblen Zonen, also jener Abstandregion beeinflussen, innerhalb derer auf Planeten aufgrund gemäßigter Oberflächentemperaturen Wasser in flüssiger Form und damit die Grundlage für erdähnliches Leben, vorkommen könnte. Die Untersuchungen sollen dazu führen, dass gezielter als bislang nach Sternen mit lebensfreundlichen Planeten gesucht werden kann.
Auf dem Jahrestreffen der "American Astronomical Society" (AAS) im texanischen Austin berichteten die Forscher um Patrick Young von der Arizona State University, dass nicht nur die Hitze des Sterns selbst die habitable Zone bestimmt, sondern auch ihre Zusammensetzung.
Sterne bestehen nahezu vollständig aus den Gasen Wasserstoff und Helium. Daneben können jedoch auch Spuren anderer, schwererer Elemente in der Zusammensetzung der "Sonnen" gefunden werden, wie sie von Astronomen als "Metalle" bezeichnet werden. Nachweisbar sind diese Elemente anhand von Spektralanalysen des jeweiligen Sternenlichts.
Bislang liegen entsprechende Daten und Informationen schon zu mehr als 100 fernen Sternen vor. Das Team um Young legt nun dar, wie sich Unterschiede in der Zusammensetzung dieser Sterne langfristig auf ihre eigene Lebensspanne und auch die Position und Lebensdauer ihrer habitabler Zonen auswirken.
"Zunächst hatte ich nur geringe Auswirkungen etwa auf die Oberflächentemperatur der Sterne oder deren Helligkeit vermutet", erläutert Young. "Derartig dramatische Auswirkungen auf die Lebensspanne der Sterne selbst, hatte ich nicht erwartet."
Da Eisen im Lichtspektrum recht einfach zu identifizieren ist, messen Wissenschaftler das Vorhandensein schwererer Elemente in Sternen für gewöhnlich anhand ihres Verhältnisses zum Anteil an Eisen in deren Atmosphären. In früheren Studien hatten Forscher herausgefunden, dass dieses Verhältnis sich anhand der unterschiedlichen Sternentypen um den Faktor zwei voneinander unterscheiden kann.
Mit einem neuen Computermodell simulierten Young und Kollegen diese Variationen für acht unterschiedliche Elemente: Kohlenstoff, Sauerstoff, Natrium, Aluminium, Magnesium, Silizium und Titanium, da diese "Metalle" die Entwicklung von sonnenähnlichen Sternen der Kategorien F, G und K dadurch beeinflussen können, in dem sie die Lichtdichte des Sternenplasmas verändern.
"Die Dauer von Sternen als stabile Objekte hängt von der Erhitzung des Plasmas in ihrem Innern durch nukleare Fusion ab, deren Druck der nach Innen wirkende Gravitationskraft entgegenwirkt", erläutert Young. "Eine höhere Lichtdichte bindet die Fusionsenergie deutlich effizienter, was zu einem deutlich größeren Radius des abkühlenden Stern führt. Die effizientere Nutzung von Energie bedeutet auch, dass die nukleare Verbrennung langsamer vorangeht, was dann zu einer längeren Lebensdauer des Sterns führt."
Die neuen Analysen zeigen, dass Kalzium, Natrium, Magnesium Aluminium und Silizium einen zwar kleinen aber signifikanten Effekt auf die Entwicklung des Sterns haben. Laut den Modellberechnungen der Forscher führen höhere Anteile dieser Elemente zu kälteren und rötlicheren Sternen. Auch Sauerstoff erwies sich als besonders wichtig, da es zu einer "dramatischen Veränderung der Lebensspanne der habitablen Zone" um einen Stern herum führe.
"Die habitable Lebensspanne einer Umlaufbahn von vergleichbarer Größe wie jener der Erde um einen Stern von vergleichbarer Sonnenmasse beträgt um Sterne, deren Sauerstoffhaushalt erschöpft ist, lediglich 3,5 Milliarden Jahre - jedoch ganze 8,5 Milliarden Jahre angesichts von sauerstoffreichen Sternen", erläutert Young.

Entsprechend erwarten die Wissenschaftler, dass unsere Erde noch eine weitere Milliarde Jahre lang lebensfreundlich bleiben wird, bevor die Sonne nach insgesamt 5,5 Milliarden Erdenjahren zu hell wird. "Komplexes Leben auf der Erde entstand erst etwa 3,9 Milliarden Jahre nach ihrer Entstehung. So gesehen wäre die Erde und ihre sauerstoffarme Sonne noch nicht einmal ein ideales Ziel für die Suche nach einer lebensfreundlichen Welt."
Der Umstand, dass das Konzept der habitablen Zone jedoch noch schwammig sei, da viele Faktoren auch von der Atmosphäre und geologischen Evolution der jeweiligen Planeten abhängt, erschwere es allerdings Schlussfolgerungen über die Lebensdauer und Ausdehnung von habitablen Zonen zu ziehen. Nicht zuletzt aus diesem Grund konzentrieren sich die Forscher derzeit noch auf Modellberechnungen von Sternen.
Ein besseres Verständnis über die Frage, wo genau sich habitablen Zonen um bestimmte Sterne erstrecken, ist für die Suche nach lebensfreundlichen Planeten von besonderer Bedeutung, da schon heute Planeten aus dem Interessen-Raster von Exobiologen herausfallen, die nach bisherigem Kenntnisstand nicht innerhalb de grünen Zonen liegen.
"Kepler hat bereits Planeten entdeckt, die ihren Stern innerhalb der derzeit bekannten habitablen Zonen umkreisen, Planeten die kleiner sind als die Erde und weitere Kandidaten warten darauf, bestätigt zu werden", so Young. "Einen Planeten zu finden, auf dem Leben existiert, wird eine sehr schwierige Aufgabe sein, da eine Vielzahl von Faktoren beachtet werden muss. Nur mit genauen Informationen können wir ein solches Ziel nach und nach eingrenzen. Es ist jedoch eine Frage der Lebensdauer der habitablen Zonen selbst, ob sich auf einem Planeten überhaupt auch komplexes Leben entwickeln konnte oder kann."
Nicht zuletzt könne die Zusammensetzung der Sterne auch die Zusammensetzung ihrer Planeten beeinflussen. Hierbei, so die Forscher um Young, spielen besonders die Verhältnisse von Kohlenstoff-Sauerstoff und Magnesium-Silizium in den Sternen eine Rolle und bestimmen, ob ein Planet reich an bestimmten magnesium- oder siliziumhaltigen Tonmineralen wie etwas Magnesiumsilikat (MgSiO3), Kieselerde (SiO2), Magnesiumorthosilikat (Mg2SiO4) und Magnesiumoxid (MgO) ist. Derartige Tonmineralien scheinen, da sind sich Geo-Biologen einig, eine gute Voraussetzung für die Entstehung von Bausteinen des Lebens, wie Lipide und Zellmembrane zu sein.
"Aus diesem Grund wurde auch der Gale-Krater als Ziel der mobilen Laboreinheit "Curiosity" im rahmen der NASA-Marsmission Mars Science Laboratory (MSL) ausgesucht, weil dieser reich an Phyllosilikaten ist. Einige Tonerden sind für die Entstehung von Leben geeigneter als andere und das Verhältnis von Magnesium und Silizium bestimmt teilweise, welche Arten von Tonerden entstehen.
Variationen in der Zusammensetzung von Sternen können also dazu führen, dass auf ihren Planeten eine von der Erde unterschiedliche Zusammensetzung der Elemente existiert und so etwa Planeten entstehen lassen, die hauptsächlich aus Felsgestein bestehen, das auf Kohlenstoff und nicht - wie die Erde - auf Silizium basieren. "Auf solchen Planeten wäre eine gänzlich andere Form von Plattentektonik und Vulkanismus zu erwarten, wenn die Planetenkruste von Graphit und nicht aus Siliziumkarbidgstein bestehen würde", so Young.
Bestimmte Elemente im Innern von Sternen stehen auch mit einem Überfluss an radioaktiven Elementen wie Uranium und Thorium in Verbindung, die eine Schlüsselrolle für das Schmelzen des Planeteninneren spielen. "Ein geschmolzenes Planeteninneres", so Young, "ist eine wichtige Voraussetzung für Plattentektonik, die wiederum von den meisten Wissenschaftlern für eine wichtige Voraussetzung für die Entwicklung des Lebens auf der Erde gehalten wird."
Einige der Elemente, nach welchen die Forscher gerne suchen würden, sind allerdings schwer zu beobachten. "Aus diesem Grund wollen wir beispielsweise Spurenelemente wie Molybdän und Phosphor finden, wie sie wichtig für erdartiges Leben sind. Derzeit suchen wir nach häufig vorkommenden Elementen, die wir sozusagen als Stellvertreter nutzen können, um so die eigentlich gesuchten Spurenelemente finden zu können, die unter den gleichen Umständen im Innern von Sternen oder Sternenexplosionen (Supernovae) zu finden sind."
Momentan untersuchen die Forscher de Häufigkeit von Elementen in 600 Sternen, die Ziel der Suche nach Exoplaneten sind und erstellen für diese Modelle ihrer unterschiedlichen Entwicklung und Prognosen über deren habitable Zonen. Das Ziel ist eine Liste jener Sterne, um die herum die Existenz lebensfreundlicher Planeten am wahrscheinlichsten ist.
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Quellen: grenzwissenschaft-aktuell.de / astrobio.net