
Bufallo (USA) - Das menschliche Genom, also das Erbgut und damit die vererbbaren Informationen von Zellen des Menschen, nehmen gerade einmal 2 Prozent der DNA ein. Der Rest besteht aus sogenannter nichtkodierender Desoxyribonukleinsäure, also aus Teilen der DNA, die nicht für Proteine kodieren. Seit Jahrzehnten rätseln Wissenschaftler, warum diese sogenannte "Junk-DNA" in derart großen Mengen existiert und zu was sie eigentlich gut ist. Eine neue Studie belegt nun, dass ein Großteil dieser Abfall-DNA für komplexes Leben überhaupt nicht notwendig ist und widerspricht damit erst kürzlich veröffentlichten Studien.
Während einige Autoren bereits über gänzlich unkonevtionelle bis exotische Funktionen der nichtkodierenden DNA - etwa zur (bei einer wie auch immer gearteten Reaktivierung) Ausbildung übersinnlicher Fähigkeit oder als Hinterlassenschaft antiker Gen-Experimente einer verschollenen oder sogar außerirdischen Zivilisation - spekulieren, unterscheiden Genetiker indes zwischen einer direkten Funktion im Organismus und einer langfristigen evolutionären Bedeutung. Manche Typen nichtkodierender DNA, wie sogenannte Pseudogene oder Transposable Elemente haben offenbar eine wichtige Rolle in der Evolution inne, auch wenn sie keine unmittelbare Funktion ausfüllen.
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In ihrer aktuellen Studie haben Forscher um Professor Luis Herrera-Estrella vom mexikanischen "Laboratorio Nacional de Genómica para la Biodiversidad" (LANGEBIO) und Professor Victor Albert von der University of Bufallo das Genom des Zwerg-Wasserschlauchs (Utricularia gibba) untersucht. Bei dem Genom der fleischfressenden Pflanzen handelt es sich um das kleinste jemals sequenzierte Genom einer komplexen mehrzelligen Pflanze. Hier machten die Wissenschaftler eine erstaunliche Entdeckung: Im Gegensatz zum menschlichen Genom besteht das der Zwerg-Wasserschläuche zu 97 Prozent aus kodierenden Genen.
"Offenbar war die Pflanze sehr fleißig und hat über Generationen hinweg nach und nach sämtliche Junk-DNA aus ihrem genetischen Material ausgeschieden", so die Forscher in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins "Nature" (DOI: 10.1038/nature12132). Dies könnte die deutlichen Unterschiede zu Pflanzenarten mit besonders viel Abfall-DNA wie etwa Tabak oder Mais sowie zum Menschen erklären.
"Das bedeutet, dass es durchaus möglich ist, eine perfekte mehrzellige Pflanze mit einer Vielzahl an unterschiedlichen Zellen, Organen, Gewebetypen und Arten auch nahezu ohne Junk-DNA möglich ist", erläutert Albert. Rein biologisch sei die sogenannte Abfall-DNA also nicht notwendig.
Damit widerspricht das Studienergebnis allerdings jüngsten, im Fachjournal "ENCODE" veröffentlichten Untersuchungen, wonach mit rund 80 Prozent die Mehrheit der nichtkodierenden DNA eine Rolle für biochemische Funktionen wie die Regulierung und Förderung der Umwandlung von DNA in die zur Herstellung von Proteinen notwendige RNA einnehme.
Herrera-Estrella, Albert und Kollegen argumentieren nun jedoch, dass Organismen Junk-DNA nicht ansammeln, um davon direkt zu profitieren. Stattdessen gäbe es offenbar einige Arten (wie der Wasserschlauch), die einfach über innere Mechanismen verfügen, die einen Großteil der nichtkodierenden DNA aussortieren, während bei anderen Arten (etwa der Mensch) das Gegenteil der Fall sei. Keine der beiden Ausprägungen zeige jedoch besondere Vor- oder Nachteile, so die Forscher abschließend.
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Quelle: buffalo.edu