
Eine der ältesten bislang gefundenen Speerspitzen aus der äthiopischen Gademotta Formation. | Copyright: TD White
Berkeley (USA) - Wissenschafter haben in Äthiopien die bislang ältesten je entdeckten und datieren steinernen Speerspitzen ausgegraben. Mit einem Alter von 279.000 Jahren sind sie nicht nur rund 200.000 Jahre älter als die bislang ältesten vergleichbaren Funde, sondern auch ganze 80.000 Jahre älter als die frühesten Funde von Fossilien des Homo sapiens selbst. Dennoch, so sind sich die Forscher sicher, wurden diese Steine an der Spitze von Wurfspeeren zur Jagd verwendet und belegen so ein komplexes Verhalten, wie es bislang erst dem modernen Menschen zugeschrieben wurde.
Anm.d.Red.: In der ursprünglichen Version unserer Meldung wurde beschrieben, dass Frakturen in den Speerspitzen auf eine Höchstgeschwindigkeit der Speere selbst von bis zu 5.385 km/h hingeweisen würden. Diese Information ist so (natürlich) nicht richtig! Im Originalartikel wurde damit die Abplatzgeschwindigkeit von Fragmenten aus den Speerspitzen beim Aufprall beschrieben NICHT also die eigentliche Fluggeschwindigkeit der Speere selbst. Wir bitten diesen Irrtum zu entschuldigen.
Weitere Modellberechnungen zeigen, dass die Spitzen mit Geschwindigkeiten von mehr als 2.930 bis 5.385 Kilometern pro Stunde aufgetroffen waren. Dies, das zeigen Praxisexperimente, liegt im Maximalbereich für Höchstgeschwindigkeiten von geschleuderten vergleichbaren Speeren.
Für die Forscher um dem Archäologen Yonatan Sahle von der University of California in Berkeley beweisen die Funde, dass die frühen anatomisch modernen Menschen und ihre ausgestorbenen Vorfahren das Wissen und die Fertigkeit zur Herstellung und Nutzung dieser Waffen schon wesentlich früher erlangt hatten als bislang angenommen.
Wie die Forscher aktuell im Fachjournal "PLoS One" (DOI: 10.1371/journal.pone.0078092) berichten, wurden die steinernen Speerspitzen in der Gademotta Formation am Rande eines großen kollabierten Vulkankraters im zentraläthiopischen Rift Valley entdeckt.
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Dass die Steinkeile tatsächlich als Wurfgeschosse verwendet wurden, zeige sich deutlich anhand von charakteristischen Frakturen an der Spitze der Obsidianspitzen, die so für gewöhnlich beim zielgerichteten Aufprall entstehen und wie sie sowohl in Modellberechnungen als auch in Parxisexperimenten reproduziert werden konnten.

Beispiele der Steinspitzen mit Mikroskopaufnahmen der Frakturen. | Copyright/Quelle: Sahle et al. / plosone.org
Aus der Existenz derartiger Technologien und Techniken schließen die Forscher auf ein bereits komplexes Verhalten jener Frühmenschen, die schon lange vor der Ausbreitung des anatomisch modernen Menschen in der Region gelebt hatten.
"Unsere Funde erzwingen ein Umdenken: Verhaltenseigenarten, die wir bislang als derart komplex deuteten, dass sie eigentlich nur den anatomisch modernen Menschen zugeschrieben wurden - eben beispielsweise die Fertigkeit derartige Projektile herstellen und nutzen zu können - wurden offenbar doch nicht von Homo sapiens eingeführt, sondern haben ihre Wurzeln schon in lange zurückreichenden Populationen von Vorfahren des modernen Menschen", so Sahle.
Tatschlich, so erläutert "National Geographic", stellte die Erfindung der Wurfspeeres eine besonders bedeutende Errungenschaft für den frühen Menschen bzw. nun offenbar auch für den Vormenschen dar. Schließlich ermöglichten die Projektile den prähistorischen Jägern nun die Jagd aus, im Vergleich zum direkten Nahkampf, sicherer Distanz.

Die Forscher vermuten, dass es sich bei den Herstellern der nun gefundenen frühesten Speerspitzen um Vertreter der Frühmenschenart Homo heidelbergensis (s. Abb.) gehandelt hatte, der als Vorfahre des modernen Menschen und der Neandertaler gilt.
Bislang sehen die Forscher aber keine Möglichkeit zu bestimmen, ob der modernen Mensch die Fertigkeit zur Herstellung und Nutzung der Waffen eigenständig erlangte oder aber, ob und wie er sie von Homo heidelbergensis erlernt hatte.
- Den vollständigen Originalartikel finden Sie HIER
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Quellen: plosone.org, news.nationalgeographic.com