
Cambridge (England) - Mittels Hirnscans haben britische Neurowissenschaftler verborgenen Hirnsignale bei Wachkomapatienten entdeckt. Diese weisen auf ein aktives neuronales Netzwerk hin, das das Bewusstsein und die Wahrnehmung der Patienten unterstützen könnte, selbst wenn die Patienten unbewusst und teilnahmslos erscheinen. Die Entdeckung könnte Medizinern dabei behilflich sein, Patienten zu identifizieren, die trotz ihrer Unfähigkeit zur Kommunikation und vermeintlichen Teilnahmslosigkeit sich ihrer selbst und ihrer Umwelt bewusst sind.
Schon zuvor konnten Wissenschaftler mittels funktioneller Magnetresonanztomographie (fMRT) Aktivität in den für Bewegung zuständigen Hirnarealen messen, wenn die teilnahmslos erscheinenden Patienten aufgefordert wurden sich vorzustellen, Tennis zu spielen. In einer anderen, erst kürzlich veröffentlichten Studie zeigten die Messungen, dass Wachkomapatienten beim Betrachten von Filmen ähnliche Aktivitätsmuster aufzeigen, wie gesunde Personen (...wir berichteten).
Wie die Forscher der MRC Cognition and Brain Sciences Unit an der University of Cambridge aktuell im Fachjournal "PLOS Computational Biology" berichten, nutzten sie nun statt fMRT hochauflösende Elektroenzephalografie (EEG), um die Hirnaktivität von 32 Wachkomapatienten zu messen, die sich in jeweils stark vegetativen Zuständen befanden und verglichen die Ergebnisse mit Kontrollmessungen gesunder Patienten.
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Wie sich zeigte, sind die meisten neurale Netzwerke, die bei gesunden Menschen das wache Bewusstsein und gesunde Hirnaktivitäten stützen und anzeigen, bei den meisten - aber eben nicht bei allen Wachkomapatienten gestört.
"Tatsächlich fanden wir bei einigen Patienten gut erhaltene Beispiele dieser Netzwerke, die sich kaum von denen gesunder Erwachsener unterscheiden (s.Abb.)." Interessanterweise handelte es sich bei diesen Patienten um jene, die diese Hirnaktivitäten in Folge der Aufforderung zum Tennisspiel zeigten.
"Zu verstehen, wie unser Bewusstsein aus der Interaktion zwischen den Hirnnetzwerken und Hirnregionen entsteht, ist eine zwar nur schwer fassbare aber wissenschaftlich faszinierende Frage", kommentiert Dr. Srivas Chennu vom Department of Clinical Neurosciences an der University of Cambridge. "Aber für betroffene Patienten und ihre Familien ist es mehr als nur eine akademische Frage. Die Bewussteinszustände zu unterscheiden macht für sie einen bedeutenden Unterschied. Unsere Forschung könnte die klinische Einschätzung des Bewusstseinszustands von Patienten deutlich verbessern und dabei behilflich sein, jene Patienten zu identifizieren, die trotz ihres teilnahmslosen und non-kommunikativen Eindrucks, sich weiterhin ihrer selbst und ihrer Umwelt bewusst sind."
Im Gegensatz zum wenn auch eindeutigeren "Tennis-Test", für den ein meist kostenaufwendiger fMRT-Scan notwendig ist, ist der von den Forschern nun entwickelte EEG-Test einfach und kostengünstig durchzuführen. Schlussendlich, so empfehlen die Forscher, bietet jedoch eine Kombination beider Untersuchungen die besten Grundvoraussetzung für eine Bewertung des Bewusststeinszustandes des Wachkomapatienten.
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