
Prähistorisches Höhlenbild einer Herde von Huftieren in einer Höhle nahe Bhimbetka in Indien. | Copyright: S. Waller
Indianapolis (USA) - Einige der frühesten und bis heute rätselhaftesten Kunstwerke und Bauten, darunter prähistorische Höhlenbilder, Petroglyphen in Canyons und megalithische Bauwerke wie Stonehenge, könnten durch das Verhalten von Klangwellen inspiriert worden sein, die von den Menschen damals als übernatürlich interpretiert wurden. So zumindest die Theorie des Archäoakustikers Dr. Steven J. Waller.
Wie Waller auf dem 168. Jahrestreffen der Acoustical Society of America (ASA) berichtet, gibt es unterschiedliche Wege, wie virtuelle Klangbilder und absorbierende Materialien die Illusion übernatürlicher Erscheinungen erzeugen können.
"Antike Mythologien erklären Echos aus Höhleneingängen und Canyons als Antworten von Göttern und Geistern", erläutert Waller seine Theorien. "Unsere Vorfahren könnten also von diesen 'Antworten' zu ihren Darstellungen an den Höhlenwänden inspiriert worden sein, weil sie diese felsigen Umgebungen für die Wohnstätten eben dieser Geister hielten."
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ + + HIER können sie unseren täglichen Newsletter bestellen + + +
Genauso wie die Lichtreflexion in einem Spiegel die Illusion einer wirklichen Person erzeugen kann, so könnten auch Schall- bzw. Klangwellen, die von einer Oberfläche reflektiert werden, derart authentisch erscheinen, als würden sie von einer echten Quelle stammen, so der Forscher weiter: "Dieser Effekt kann in einer akustischen Illusion resultieren, die den Eindruck vermittelt, als würde jemand aus dem Innern eines Felsens antworten".
Das Echo eines Händeklatschens könne dem von Huftritten und -schlägen gleichen und das Echo mehrerer klatschender Personen könne zum Getrampel einer ganzen Herde verschmelzen. "Viele frühe Kulturen erklären den Donner im Himmel mit behuften Attributen Donnergottheiten. Es macht also Sinne, dass der Widerhall von Gewittern etwa in Höhlen selbst als Donner interpretiert wurde und Darstellungen behufter Götter, Geister und/oder Wesen an den Wänden inspirierten."
Waller sieht seine Theorie auch von akustischen Messungen bestätigt, die einen statistischen Zusammenhang zwischen prähistorischen Felskunstdarstellungen und jenen Orten in Höhen, Canyons und rituellen Bauwerken aufzeigen, an denen Klangreflexionen am stärksten sind (...wir berichteten).
Auch andere akustische Eigenschaften könnten von antiken Kulturen als übernatürlich fehlinterpretiert worden sein, die sich des Verhaltens von Klangwellen nicht bewusst waren. So verweist Waller selbst beispielsweise auf die Ähnlichkeit der akustischen Illusion großer steinerner Säulen durch das Interferenzmusters zweier Flötenspieler und dem Steinkreis von Stonehenge (...wir berichteten).
Sollte Wallers Theorie stimmen, so würde sie zeigen, dass akustische Phänomene einen bedeutenden kulturellen Einfluss auf die frühen Menschen hatten. Eine konkrete Schlussfolgerung wäre dann, dass auch die ursprünglichen natürlichen Klangräume archäologischer Orte geschützt und erforscht werden müssten.
"Selbst heute können unsere Sinneseindrücke noch dazu benutzt werden, um unsere Wahrnehmung so zu manipulieren, dass die so erzeugten Illusionen der wissenschaftlichen Realität widersprechen", so Waller.
Sie Geschichte der Menschheit sei voll von Fehlinterpretationen geprägt, wie etwa die optische Illusion, dass sich die Sonne um die Erde dreht, so der Forscher abschließend: "Klang, der unsichtbar ist aber komplexe Eigenschaften aufweist, kann ebenfalls sehr leicht zu akustischen Illusionen des Übernatürlichen werden. Diese Erkenntnis führt uns umgekehrt aber auch zu der Frage, welchen Illusionen wir vielleicht heute noch unterliegen, wenn es um Phänomene geht, die wir heutzutage falsch deuten - ohne dies bislang zu wissen?"
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Neue Theorie: Stonehenge als realer Nachbau einer magischen Klangillusion 18. Februar 2012
Steinzeitliche Konzerthallen 7. Juli 2008
grenzwissenschaft-aktuell.de