Guildford/ England – Im Gegensatz zu der weit verbreiteten Vorstellung, Kornkreise seien ein Phänomen, das Mitte der 1970er plötzlich wie aus dem Nichts aufgetaucht sei, verweisen Kornkreisforscher immer wieder auf die tatsächlichen historischen Wurzeln dieser Phänomene. Zum ersten Mal wissenschaftlich beschrieben wurde das, was wir heute als “Kornkreise“ bezeichnen würden, schon 1880 in der angesehenen naturwissenschaftlichen Zeitschrift Nature.

In den „Letters to the Editor“ (Leserbriefen) der Ausgabe 22, Nr. 516, vom 29. Juli 1880 findet sich auf Seite 290-291 eine Zuschrift von J. Rand Capron. Unter dem Titel „Storm Effects“ (Sturm Auswirkungen) beschreibt er folgende Beobachtungen vom 21. Juli 1880 nahe Guildford in der südostenglischen Grafschaft Surrey:
„Die kürzlichen Stürme über diesem Teil von Surreys waren stark und einige der von ihnen hervorgerufenen Effekte sehr merkwürdig. Als wir am Mittwochabend das Weizenfeld eines benachbarten Farmers besuchten, fanden wir dieses erheblich, jedoch nicht gänzlich und zudem in - aus der Ferne betrachtet - kreisrunden Flächen niedergeschlagen vor.
Eine Untersuchung aus nächster Nähe zeigte, dass alle diese Kreise die gleichen Charakteristiken aufzeigten: Einige stehenden Pflanzen bildeten das Zentrum, während die Ähren und Halme der niedergelegten Pflanzen alle wohlgeordnet in eine Richtung weisend, einen Kreis um das Zentrum bildeten. Die Kreisfläche war durch eine kreisrunde Wand unbeeinträchtiger Pflanzen begrenzt. Ich habe eine genaue Zeichnung der wohl perfektesten dieser Flächen beigefügt.
Der Boden besteht aus sandigem Lehm und Grünsand. Das Getreide ist kräftig mit starken Halmen. Ich konnte vor Ort keine Hinweise auf die Ursachen dieser Flächen im Feld finden. Außer den deutlichen Anzeichen starker Regenfälle konnte ich auch keine weiteren Hinweise dafür finden, dass die Flächen, entweder durch Wind, Regen oder einer Kombination aus beidem verursacht worden waren. Ich schließe auf eine Art zyklonischer Windaktivität und möglicherweise haben einige Ihrer Leser ja auch bereits ähnliches beobachtet.“
Die vom Autor beschriebenen Details stimmen Punkt für Punkt mit den Merkmalen auch heutiger Kornkreise überein. Die Schlussfolgerung, dass John Rand Capron am 21. Juli 1880 Phänomene beobachtet hatte, die wir heute unter der Bezeichnung „Kornkreise“ kennen, wird durch jedes beschriebe Detail untermauert.

Leider wurde die von Capron beschriebene Zeichnung in der Zeitschrift nicht abgedruckt. Gerade sie wäre für die Erforschung der Historie des Kornkreisphänomens von großer Bedeutung, da John Rand Capron als zeitgenössischer Spektroskopist, Astronom und Meteorologe als genauer Naturbeobachter galt und seine Zeichnungen und wissenschaftlichen Diagramme zeichnen sich durch besondere Exaktheit und Detailfülle aus.

Leider wurden derartige Zusendungen und Briefe von Nature nicht archiviert, wodurch bezweifelt werden kann, ob die Originalzeichnung von Caprons Kornkreisen nach 128 Jahren wieder entdeckt werden kann – dennoch versuchen Kornkreisforscher weiterhin die Zusendung an Nature ausfindig zu machen.
Über den Autor:
Andreas Müller beschäftigt sich seit 1993 intensiv mit der Dokumentation und Erforschung der Kornkreise. Seither zahlreiche beratende Tätigkeiten zum Thema für internationale Rundfunk-, TV- und Printmedien sowie regelmäßige Veröffentlichungen in Fachzeitschriften und im Internet. 1994 gründete er „ICCA – The International Crop Circle Archive“, das als eines der umfangreichsten Archive zum Thema gilt. Sein erstes Buch "KORNKREISE – Geometrie, Phänomene, Forschung“ erschien 2001. 2003 erhielt er für seine Forschungsarbeit den „Hedri-Preis“ der Dr. Andreas Hedri Stiftung an der Universität Bern. 2005 erschien sein aktuelles Buch "PHÄNOMEN KORNKREISE - Forschung zwischen Volksüberlieferung, Grenz- und Naturwissenschaft". Im Mai 2007 erschien bei DuMont der Autorenkalender "Kornkreise 2008". Zwei weitere Sachbücher und der Kalender für 2009 zum Thema sind derzeit in Arbeit. Auf seiner Homepage www.kornkreise-forschung.de informiert er regelmäßig über den Stand der Kornkreisforschung.
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