
Archäologisches Experiment auf der Osterinsel. | Copyright: Sheela Sharma, National Geographic
Hanga Roa (Chile) - Glaubt man alten Legenden der Bewohner der Osterinsel, so sind die gewaltigen Steinköpfe und -körper, aus den Steinbrüchen zu ihrem letztendlichen Ruheplatz gewandert. Ein Experiment von US-Forschern belegt nun eindrucksvoll, dass hinter dieser Legende mehr Wahrheit verborgen sein könnte, als man zunächst glauben mag.
Wie der Archäologe Carl Lipo von der California State University in Long Beach und der Anthropologe Terry Hunt von der University of Hawaii schon in ihrem Buch "The Statues that Walked" darlegen, vermuten sie, dass die tonnenschweren Statuen nicht wie bislang angenommen, in einem Konkurrenzkampf verschiedener Clans mit Hilfe unzähliger Holzpfähle, Schlitten und Hebel bewegt worden, sondern durch ein ausgeklügeltes System, mit dem die Statuen nicht horizontal sondern - von Seilen aufrecht gehalten – vertikal in eine Art wankende Bewegung versetzt wurden.
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Um ihre Theorie zu überprüfen, führten die Forscher nun gemeinsam mit "National Geographic" ein eindrucksvolles Experiment durch, mit dem sie anhand einer 5-Tonnen schweren Kopie der ikonenhaften Steinskulpturen zeigen konnten, dass die sogenannten Moais tatsächlich gehen konnten.
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Wie die Forscher gegenüber Alan Boyle vom "Cosmic Log" (cosmiclog.msnbc.msn.com) erläuterten, wurde der Experimental-Moai zunächst mit einem Kran und gehalten von Seilen aufgerichtet. Durch den vom großen Bauch erzeugten tiefen Schwerpunkt und die entstehenden Hebelkräfte ließ sich die Staue dann zum einen von zwei Gruppen zu je nur 9 Personen an beiden Seiten und weiteren 10 Personen, die den vorwärtswankenden Moai von hinten - wie einen zerrenden Hund an der Leine - hielten, effektiv vorwärts bewegen.
Zwar sei eine 5-Tonnen-Version kein Vergleich zu den bis zu 90 Tonnen schweren Originalen, doch sei die Methode skalierbar, versichern die Forscher. "Je schwerer die Statue wird, desto größer wird die Hebelwirkung. Das geht soweit, dass man regelrecht an den Punkt kommt, an dem man das nur so machen möchte."
Die wandernden Moais sind dabei jedoch nur ein Teil der Theorie, mit der Hunt und Lipo ein alternatives Modell zur bislang anerkannten Erklärung für den Niedergang der Kultur auf Rapa Nui, so der polynesische Name der Osterinsel, vorlegen.

Moais auf Rapa Nui. | Copyright: Rivi / GFDL / cc-by-sa 3.0
Ging die bisherige Erklärung von Jared Diamond bislang davon aus, dass sich die Bevölkerung von Rapa Nui, durch Raubbau an der Natur - unter anderem eben durch das angeblich massenhafte Abholzen der Wälder für den Transport der Moai - Misswirtschaft und Clankriege untereinander - selbst vernichtet haben.
Statt also einer gescheiterten Kultur zeichnen Hunt und Lipo das Bild einer deutlich kleineren Population, die das Wenige, was die Karge - und nicht wie in Diamonds Szenario einst stark bewaldete und damit fruchtbare - Osterinsel zu bieten hatte, sowie die eigenen Ressourcen sinnvoll zu nutzen wusste.
Auf Rapa Nui vor rund 800 angekommen, hätten die polynesischen Siedler Ratten mit an Land gebracht, die auf der Insel auf keine natürlichen Feinde gestoßen seien und so, unter anderem durch das ungezügelte Fressen von Palmnüssen, zur Entwaldung der Insel beitrugen. Während die Population der Rapanui selbst über Jahrhunderte stabil geblieben sei und effektive Formen der Bewirtschaftung des kargen Bodens entwickelt habe, hätten sie den Krankheiten, die europäische Siedler Ende des 17. Jahrhundert mit sich gebracht hatten, nichts entgegenzusetzen gehabt, so die Forscher.
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18. Mai 2010
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Quellen: ngm.nationalgeographic.com, cosmiclog.msnbc.msn.com